Bischof Echevarria über das neue Schreiben des Papstes

In seiner Enyklika „Laudato si“ ruft Papst Franziskus die Bedeutung der menschlichen Arbeit in Erinnerung. Ein Gedanke, vom dem auch der heilige Josefmaria Escrivá zutiefst durchdrungen war. Von Bischof Javier Echevarria

Die neue Enzyklika von Papst Franziskus knüpft an die ersten Seiten der Heiligen Schrift an: Gott schuf den Menschen – als Mann und Frau – und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte (Gen 2, 15). Danach führte er alle Tiere dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde (Gen 2, 19) Es war ein Liebesakt Gottes, eine Art, sein Vertrauen in jeden Menschen zum Ausdruck zu bringen, indem er ihm den Auftrag erteilt, jene Möglichkeiten zu entfalten, die Er selbst in die Geschöpfe gelegt hatte.

Wie der Papst uns erinnert, setzte Gott den Menschen in diesen Garten, nicht nur um das schon Vorhandene zu pflegen, sondern um durch die menschliche Arbeit Frucht zu bringen

Jeder von uns ist Hüter und Schützer der Schöpfung. Wie der Papst uns erinnert, setzte Gott den Menschen in diesen Garten, nicht nur um das schon Vorhandene zu pflegen, sondern um durch die menschliche Arbeit Frucht zu bringen: „Das Eingreifen des Menschen, das für die vernünftige Entwicklung der Schöpfung sorgt" - so Franziskus - „ ist die angemessene Form sie zu hüten. Das schließt nämlich mit ein, als Werkzeug Gottes seinen Platz einzunehmen, um zu helfen, dass sich die Möglichkeiten, die Gott selbst in die Dinge hineingelegt hat, entfalten". (Laudato sí, 124)

Wenn die Menschheit sich diesen schöpferischen Plan aneignet, dann kann jede menschliche, ehrbare Arbeit in ein Werkzeug zum Fortschritt in der Welt werden und zur Würde der Person beitragen.

Der Schlüssel dazu ist die gut verrichtete Arbeit, getragen von dem Wunsch, den anderen aus Liebe zu Gott und dem Nächsten zu dienen. Gewiss, auch andere Motivationen sind im Spiel, wie die Notwendigkeit, sich und die eigene Familie zu erhalten, den Wunsch,

Der Schlüssel dazu ist die gut verrichtete Arbeit, getragen von dem Wunsch, den anderen aus Liebe zu Gott und dem Nächsten zu dienen

anderen helfen zu können oder in einer konkreten Aktivität eine größere Vollkommenheit zu erwerben. Aber der Papst bringt uns in Erinnerung, dass das Ziel noch erhabener ist: in gewisser Weise Mitarbeiter Gottes bei der Erlösung der Menschheit zu sein. Am Freitag begingen wir den 40. Jahrestag des Todes des heiligen Josefmaria Escrivá de Balaguer, eines heiligen Priesters - Gründer des Opus Dei - der der ganzen Welt den übernatürlichen Wert der aus Liebe verrichteten Arbeit verkündetet hat. Ich kann bezeugen, wie der heilige Josefmaria selbst versucht hat, seine Lehre über die Arbeit zu leben, bis zu seinem letzten Atemzug.

„Des Menschen Größe liegt in seiner Fähigkeit zu lieben; so schreitet er über das Kurzlebige und Anekdotische hinaus". So schrieb er in Christus begegnen und fügte hinzu:Darum soll sich der Mensch nicht darauf beschränken, nur zu schaffen, herzustellen, anzufertigen. Die Arbeit wächst aus der Liebe, ist Zeichen der Liebe und zielt hin auf die Liebe. Wir erkennen Gott nicht nur im Betrachten der Natur, sondern auch im Erfahren des eigenen Tuns, im Erleben der eigenen Mühe. So wird die Arbeit zu Gebet und Danksagung, denn wir wissen uns von Gott auf die Erde gestellt, von Ihm geliebt und zu Erben seiner Verheißungen berufen. (Christus begegnen, 48)

Die Arbeit hat, je nachdem, wie sie ausgerichtet ist, die Fähigkeit, Menschen zu zerstören oder Würde zu verleihen, die Natur zu schützen oder sie zu entstellen, unserem Nächsten die ihm geschuldete Hilfe zu leisten oder sie zu unterlassen.

Derjenige, der Arbeitslosigkeit und die Beklemmung, keine finanziellen Einkünfte zu haben, erfahren hat, versteht die Würde, die die menschliche Arbeit verleiht. Deshalb sind die Menschen, die arbeitslos sind, ein beständiges Gebetsanliegen und eine Sorge des Christen. So wie es Papst Franziskus bekräftigt, dass „den Armen mit Geld zu helfen immer eine provisorische Lösung sein muss, um den Dringlichkeiten abzuhelfen". Das große Ziel muss immer sein, „ihnen mittels Arbeit ein würdiges Leben zu ermöglichen". (Laudato sí, 128) Ebenso erinnert die Enzyklika uns daran, dass es „ein schlechter Dienst an der Gesellschaft" ist, „aufzuhören in die Menschen zu investieren, um einen größeren Sofortertrag zu erzielen." (ebd.)

Benedikt XVI. definierte den Christen als „ein Herz, das sieht". Bei der Arbeit ist die wirtschaftliche Effizienz natürlich ein Kriterium, aber nicht das einzige: Der Christ legt sein Herz in die Arbeit, weil Christus es so getan hat, und er bemüht sich, daraus einen Dienst an den anderen zu machen, der gleichzeitig ein Lobpreis auf den Schöpfer ist. Nur die Arbeit, die als Dienst verstanden wird, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, die aus Liebe zu Gott getan wird, ist fähig, Horizonte für das irdische und ewige Glück der Frauen und Männer unserer Zeit zu eröffnen.

Javier Echevarría

Prälat des Opus Dei

Javier Echevarria

Die Tagespost, Sa 27.06.2015