Die Bronx: nicht nur Drogen und Kriminalität

„Drugs, crime and poverty“ – die drei Wörter definieren die Newyorker Bronx. Aber es gibt Jugendliche in diesem Stadtteil, die für eine bessere Zukunft arbeiten. Crotona Achievement Center, ein korporatives Werk des Opus Dei, hilft ihnen dabei.

Als sozialer Brennpunkt ist die Bronx besonders für „Drugs, crime and poverty“ berüchtigt. Doch wer genauer hinschaut, stellt auch Erfreuliches fest, etwa das Crotona Center für jährlich rund 240 Jungen zwischen zehn und achtzehn Jahren. Vor zwanzig Jahren gegründet, wird Crotona von der South Bronx Educational Foundation (SBEF) unterhalten. Der eigentliche Motor war und ist die Entschlossenheit von etlichen Mitgliedern und Freunden des Opus Dei, in ihrer Eigenverantwortung als New Yorker Bürger hier die katholische Soziallehre und die Inspiration den heiligen Josefmaria exemplarisch und nachhaltig umzusetzen. 

Kultur, Ethik, Charakter John Deida ist einer von diesen Engagierten. Er hatte zunächst als Schüler von den Kursen des Crotona Center profitiert und sich dann während seines Linguistik-Studiums selbst als freiwilliger Helfer in Crotona engagiert. John macht den Grund von Drogen, Kriminalität und Elend in der Bronx an der mangelnden kulturellen Perspektive bei den jungen Leuten fest und geht auf seine Weise dagegen vor: Er lässt die Jungen laut Artikel aus dem Economist und dem Wall Street Journal vorlesen und anschließend diskutieren. So blicken sie über den Tellerrand der Bronx hinaus, lernen Themen von nationalem Interesse mitsamt dem ungewohnten Vokabular aus Wirtschaft und Politik kennen.

Dave Holzweiss, Vorstand der Trägerstiftung SBEF, erläutert die Ziele von Crotona: „Es geht vor allem darum, dass die Jugendlichen lernen, sich Fragen von gesellschaftlicher Bedeutung zu öffnen. Unter diesem Blickwinkel übernehmen sie viel leichter ethische Haltungen – also Tugenden wie Selbstbeherrschung oder Dienstbereitschaft“. Charakterbildung und das Angebot vertiefter Glaubensbildung gehen in Crotona Hand in Hand.

Eddie Llull, der Leiter von Crotona, ergänzt: „Wir begleiten die Jungs nicht nur schulisch und organisieren lustige Events. Wir sehen unsere eigentliche Aufgabe darin, ihre Persönlichkeiten zu festigen. Sie sollen erstmals in ihrem Leben lernen, etwas von sich zu fordern und etwas Wertvolles aus sich zu machen”. Viele Jungen entwickeln auf die Dauer echte Charakterstärke, d.h. sie fordern sich nun selbst.

Kevin, einer der Jungen in Crotona, erinnert sich: „Früher waren mir die anderen Jungen egal. Eigentlich hatte ich auch keine Ahnung von Freundschaft. Ich wollte nur die Aufmerksamkeit der anderen haben. Und ich wusste: Alle lachen, wenn ich im Unterricht Blödsinn mache. Das verband. In Crotona habe ich echte Freundschaft entdeckt. Das hat mit Wahrheit zu tun und dass man den Wert der anderen schätzt und ihre Freiheit achtet. Ergebnis: Ich nehme jetzt meine Freunde so, wie sie sind, nicht wie ich möchte, dass sie sind. Es ist kurios, aber je besser ich sie kenne, umso deutlicher merke ich ihre gute Seiten.“ 

Tutorengespräche, Hausaufgaben, Beisammensein

Jeder Junge im Club bekommt einen Tutor zugeteilt. Diesen qualifizierten älteren Gesprächspartner entwickeln sich in den meisten Fällen zu den entscheidenden Vorbildern für ihre Schützlinge und stehen rückhaltlos zu ihnen, egal was passiert. Auf diese Weise versuchen die Tutoren, in den Jungen eine positive Grundeinstellung zum Leben und zur Familie zu wecken und zu festigen. Oft genug müssen sie für einen Jungen regelrecht die Vaterstelle einnehmen. Etwa wenn sein familiäres Umfeld zerrüttet ist oder er schwerwiegende schulische Probleme hat. Beides kommt in der Bronx oft vor. So erfahren die Jungen, was es mit der christlichen Solidarität auf sich hat. „Du bist nicht allein, du gehörst zu deinem Freundeskreis, der wie eine Familie ist. Denk bei allem, was du tust, an die anderen und mach dir klar, dass es irgendwie auf sie zurückfällt.“  

Die Aktivitäten

An den Samstagen stehen in Crotona Besuche von interessanten Persönlichkeiten auf dem Programm oder Ausfüge und Besichtigungen, etwa einer Fabrik oder eines Chemielabors. Oder die Jungen veranstalten selber etwas wie neulich eine Gemäldeausstellung mit Hilfe eines Kunststudenten.

Die Woche über beginnen die Aktivitäten in Crontona täglich nach der Schule, gegen 16 Uhr, mit der Hausaufgabenbetreuung. Dabei stehen den Jungen immer Tutoren mit Rat und Tat zur Seite.

Es schließt sich die wichtige Zeit eines entspannten Beisammenseins an. Das heißt, die Jungen kommen in entsprechenden Altersgruppen in einem „richtigen Wohnzimmer“ zusammen.

„A proper living-room“ – Das ist eine wichtiges Stichwort und eine Voraussetzung für alles Weitere, aber in der Bronx durchaus keine Selbstverständlichkeit. Das Haus Crotona Park North 843 wurde um 1900 gebaut und kürzlich dank eines Sponsors gründlich renoviert.

Das tägliche Treffen der Jungen und der Tutoren im Wohnzimmer findet in einer lockeren Atmosphäre statt, dient aber nicht nur der Entspannung. Es hilft wie von alleine, spontan angenehme Formen des Umgangs miteinander zu erlernen. Beispielsweise, die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken, sondern einander zuzuhören und so von den Interessen und Plänen der anderen zu erfahren. Wie Kevin erzählt hat, kommen die Jungen so immer reibungsloser miteinander klar und lernen den Wert und die Freiheit der anderen respektieren. 

Die Träger und Mitarbeiter von Crotona sehen in ihrer Bildungsinitiative eine Investition, die erst auf lange Sicht Ergebnisse bringt. Der Erfolg kommt dann der ganzen Bronx zugute.